In Dieppe erwarteten uns ganz andere klimatische und geografische Bedingungen. Es war zwar sonnig, aber windig, und der Campingplatz Marqueval mag nur 2km vom Meer entfernt sein, aber die Steilküste und Steigungen waren bis dahin nicht eingeplant gewesen. Als wir ankamen beschloss Matthias, es sei wichtig einen Lenkdrachen zu kaufen und Decathlon sei über einen nur kurzen Umweg auf dem Weg in die Stadt zu erreichen. Ok! Also ging es los über den erst schönen Radweg, der aber nicht ganz zu Decathlon führte und eigentlich schon sehr bald aufhörte.
Also mussten wir bergauf über Straßen fahren mit durchgezogenen Linien, hinter uns wurde die geduldige Autoschlange immer länger, die die nicht so geduldig waren, überholten uns mit kamikazeartigen Manövern. Mir fiel einiges ein, worüber ich während der Fahrt schimpfte. Decathlon in der Ferne zu sehen war wie eine Fata Morgana. Der Laden selbst war schön kühl, kein Problem, hier konnten wir trocknen. Nach dem Drachenkauf weiter ins Zentrum von Dieppe zu fahren, war ähnlich abenteuerlich (obwohl wir uns auf einer Radroute befanden), besonders das letzte Stück, auf dem es eine lange Straße steil bergab ging. Ich sah vor mir den Kinderwagenanhänger bei jeder Unebenheit hüpfen, was meinen Mann nicht davon abhielt, richtig Fahrt aufzunehmen. Dieppe ist ein sehr hübsches Städtchen: direkt am großen Strand, davor eine große Wiese wie dazu gemacht, Drachen fliegen zu lassen, mit kleinem Hafen, wo sich nette Restaurants mit unfreundlichen Kellnern aneinander reihen und nicht zu vergessen die Kathedrale.
Die Kathedrale ist eine der wenigen Kathedralen, die mir aufgrund der filigranen Arbeiten sehr gefallen hat. An einer Stelle im Kircheschiff wird in den Wandstein gemeisselt eine Geschichte über Sklaverei erzählt, darunter gibt es ein Graffiti eines Segelschiffs aus dem 16. Jahrhundert.
Trotz der beschwerlichen Wege machen wir die Tour am zweiten Tag noch mal - aus zwei Gründen:
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auf dem Rückweg am ersten Tag entdecken wir einen Aussichtspunkt, von dem aus die Steilküste im warmen Abendlicht zu sehen ist. Wir wollen noch mal diesen Blick sehen.
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Bevor es am nächsten Tag losgeht, kaufe ich unter anderem für Matthias und mich einen Gâteau aux Pommes Normand, der wahnsinnig lecker ist mit seiner Puddingfüllung und sehr dünnen karamelisierten Apfelscheiben. Es hätte ein Stück für zwei Personen gereicht, dann hätte ich vielleicht auch nicht noch mal den Berg hochradeln müssen…
Eine weitere Entdeckung, die ich nicht in einem Atemzug mit der Kathedrale nennen wollte, möchte ich hier festhalten. In Dieppe am Strand gibt es ein öffentliches Toilettenhäuschen. Erst mal ist das nichts besonderes. Aber diese Toilette schließt, wenn jemand eintritt, lässt dir 20 Minuten Zeit, wenn nötig, hat Toilettenpapier, Seife, ein Waschbecken und einen Handtrockner. Sobald du alles erledigt hast und raus gehst, schließt sich die Tür und man hört es plätschern. Das komplette Toilettenhäuschen reinigt sich selbst. Natürlich ist alles nass, wenn man die Toilette benutzt, aber man hat nicht das Gefühl eigentlich diese Toilette nicht benutzen zu wollen, aus Angst etwas zu berühren, und stinken tut’s auch nicht. Toll!